LFB führt auch 2022 die Tradition der »Fraktionsgespräche« fort
Der LFB hat auch 2022 mit Abgeordneten aller demokratischen Parteien im Thüringer Landtag Gespräche geführt, um sich über aktuelle Fragen auszutauschen.
Die Gespräche starteten am 30.08.2022 mit Frau Babett Pfefferlein und Frau Gabriele Sondermann (Fraktion Bündnis 90/die Grünen), und wurden am 07.09.2022 mit Frau Lena Saniye Güngör (Fraktion Die Linke) sowie den Vertretern der Gruppe der Abgeordneten der FDP im Thüringer Landtag, Herrn Dirk Bergner, Frau Franziska Baum und Herr Dr. Stefan Pilz fortgesetzt.
Am 23.09.2022 trafen sich die Abgesandten des LFB mit dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag Prof. Mario Voigt, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, Gesundheits- und Pflegepolitischen Sprecher und Sprecher für den Verfassungsausschuss Christoph Zippel sowie dem Wirtschaftspolitischer Sprecher, Sprecher für Handwerk und Mittelstand, Martin Henkel.
Das letzte Gespräch fand am 12.10.2022 mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Lutz Liebscher (SPD) und Herrn Nici Gorff, Referent der SPD-Fraktion für Forschung, Wissenschaft und Hochschule statt.
Der LFB Thüringen e.V. wurde dabei durch seine Präsidentin, Frau Dipl.-Geol. Sylvia Reyer-Rohde, und den geschäftsführend tätigen Rechtsanwalt Dr. Reinhard Werner vertreten. Frau Reyer-Rohde vertrat als Mitglied des Vorstands der Thüringer Ingenieurkammer zugleich die Interessen ihrer Berufsgruppe, ebenso die Herren Dipl.-Ing. Thomas Haustein, Vorsitzender des Arbeitskreises Wettbewerb und Vergabe,und Dipl.-Ing. Karl-Heinz Bartl, Vizepräsident der Ingenieurkammer Thüringen.
Die Interessen der Apotheker vertraten Frau Apothekerin Andrea Kern aus Suhl für die Landesapothekerkammer Thüringen und der Vorsitzende der Thüringer Apothekerverbandes, Herr Apotheker Stefan Fink. Die Thüringer Zahnärzteschaft wurde durch den Kammerpräsidenten, Dr. Christian Junge, und Herr Dr. Karl-Friedrich Rommel, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringen, vertreten.
In allen Gesprächen ging es um aktuelle Probleme der Freien Berufe, insbesondere um aktuelle wirtschafts- und sozialpolitische Fragen, um die Fachkräftesicherung und die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit vor allem kleinerer und mittlerer freiberuflicher Unternehmen unter den absehbar immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen.
Die Ingenieurkammer Thüringen brachte vor allem die Probleme zur Sprache, die sich infolge des EuGH-Urteils vom 04.07.2019 und dem hierdurch bedingten Wegfall der Verbindlichkeit der Mindestsätze der HOAI ergeben: wie bereits befürchtet tritt zunehmend der Preiswettbewerb an die Stelle des Wettbewerbs um die beste Qualität. Eine Möglichkeit, diese auch für die Auftraggeber negative Entwicklung abzumildern, könnte nach dortiger Auffassung darin bestehen, das Vergaberecht dahingehend zu ändern, dass in den Ausschreibungen grundsätzlich die an die Stelle der bisherigen Mindestsätze getretenen Basishonorarsätze als Untergrenze für die sogenannte Auskömmlichkeit der Angebote zu gelten hätten, wobei dem Bieter der Beweis dafür vorbehalten bliebe, dass sein etwa den Basishonorarsatz unterschreitendes Angebot gleichwohl noch auskömmlich sei.
Ein weiterer Weg könnte die Erhöhung der Transparenz der Angebote und der Vergabeentscheidung (Zuschläge) sein. Aufgrund der damit erleichterten Bieterstreitigkeiten dürfte so dem Anreiz entgegen gewirkt werden, Dumpingpreise anzubieten oder hiervon Gebrauch zu machen.
Der Landesapothekerkammer Thüringen geht es um die Wahrung der Chancen zur Verbesserung der Ausbildung angehender Pharmazeuten, zumal in den nächsten Jahren die letzten 600 Pharmazieingenieure aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden und durch Apotheker*innen ersetzt werden müssen. Daher sei beim Neubau des Instituts für Pharmazie in Jena im Rahmen des Bauvorhabens Wissenschaftlicher Campus auf die derzeit noch mögliche Optimierung der Raumaufteilung insbesondere im Laborbereich großer Wert zu legen.
Weiterhin wurden Probleme des E‑Rezepts und die Notwendigkeit angesprochen, die nach acht Jahren auslaufende Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN) – es handelt sich um das wichtige elektronisch vernetzte Medikationsmanagement für mulitmorbide Patienten – weiterlaufen zu lassen.
Auch die Landeszahnärztekammer Thüringen macht sich große Sorgen um den Rückgang der Niederlassungszahlen in den nächsten Jahren. Sie fordert ebenfalls den Ausbau von Studienplatzkapazitäten in Jena und die Förderung von Niederlassungen.
Außerdem wurde angesprochen, dass die Entlastung von bürokratischen Regelungen und Verfahren ebenfalls ein wirksamer Beitrag zur Fachkräftesicherung sein könnte, weil so ggf. ältere Kolleginnen und Kollegen zur Arbeit über die Altersgrenze hinaus motiviert werden könnten. Hier könnte ggf. durch die Änderung des Thüringer Heilberufegesetzes das Potential der beruflichen Selbstverwaltung durch die Berufskammern gestärkt werden, um gleichzeitig Gesundheits- und Strahlenschutzämter zu entlasten.
Der Freistaat Thüringen müsse im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens seinen Einfluss geltend machen, eine ausgewogene Regelung im Rahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes zu erreichen. Die derzeit vorgesehene Begrenzung der Budgeterhöhungen bedeute gerade unter den immer komplizierter werdenden Rahmenbedingungen massive Einnahmeverluste mit erheblichen mittel- und langfristigen Folgen für die Sicherstellung der zahnärztlichen Versorgung der Bevölkerung. Dies ist auch eine von den Thüringer Apotheker*innnen unterstützte Forderung.
Für die Berufsgruppe der freiberuflichen Restauratoren wurde angesprochen, dass in Thüringen noch immer ein Gesetz zum Berufstitelschutz der akademisch ausgebildeten Restauratoren analog der bereits bestehenden Gesetze in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt fehlt. Ein derartiges Gesetz sei aber erforderlich zum Schutz des Kulturguts vor unsachgemäßer Behandlung und liege auch im Interesse des Verbraucherschutzes.
In engem Zusammenhang damit steht die Verbesserung der sozialen Absicherung für freiberuflich tätige Restauratoren in Bezug auf die Kranken- und Rentenversicherung. Mangels Existenz einer Kammer existiert keine berufsständische Möglichkeit der Absicherung über selbige, und die früher bestehende Möglichkeit zum Eintritt in die Künstlersozialkasse gebe es seit einigen Jahren nach Angabe des Restauratorenverbands auch nicht mehr.
Es müsse weiterhin überdacht werden, ob die seit 1994 bestehende Ausbildung von Restauratoren an der Fachhochschule Erfurt wirklich mit Abschluss der letzten Masterstudenten beendet werden soll. Anderenfalls fände keine Restauratorenausbildung in Thüringen mehr statt, was auch regional zu künftig fehlenden Fachkräften führen werde. Deutschlandweit gäbe es noch weniger Ausbildungsmöglichkeiten, was demnächst einen generellen Fachkräftemangel zur Folge hätte. Die Ausbildung von Restauratoren für Glasmalerei gibt es bisher nur in Erfurt, so dass es nach einer Schließung dieses Fachbereichs insoweit deutschlandweit keine Ausbildungsmöglichkeit mehr existieren würde.
Bemerkenswert ist das große Interesse der Politiker an den zur Sprache gebrachten Themen. So wird der Dialog durch den Austausch von Dokumenten zu den angesprochenen Themen auch über die Gespräche hinaus gegenwärtig fortgesetzt, so dass sich einmal mehr bestätigt, dass auch der Netzwerkaspekt dieser Gespräche nicht zu unterschätzen ist.
Zufrieden mit dem Erfahrungsaustausch: v.l.n.r.: RA Dr. Werner, Dipl.-Ing. Th. Haustein, Frau Dipl.-Geol. S. Reyer-Rohde, Frau Babett Pfefferlein MdL (Bündnis 90/Die Grünen), Herr Dr. K.-F. Rommel, Frau Apothekerin A. Kern (Bildautorin G. Sondermann)