
Freiberufler vor Ort –
Zukunft für den ländlichen Raum
Um die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen braucht es Arztpraxen, Apotheken, Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten. Wirtschafts- und Landwirtschaftsbetriebe benötigen Steuerberaterbüros vor Ort. Für die nötige Infrastruktur sind ingenieurtechnische Leistungen aller Art erforderlich, Restauratorinnen und Restauratoren sollen und wollen sich um die Erhaltung der zahllosen kulturellen Schätze kümmern – sie alle und noch viel mehr Freie Berufe sind für die Entwicklung des ländlichen Raums in Thüringen unverzichtbar.
Die vom LFB Landesverband der Freien Berufe Thüringen e.V. getragene Veranstaltung hatte die besondere Rolle der Freien Berufe im ländlichen Raum genauer in den Blick genommen. Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen wurde gemeinsam mit dem Thüringer Ministerpräsidenten Mario Voigt und der Thüringer Ministerin für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Familie Katharina Schenk diskutiert, welche Chancen und Herausforderungen es derzeit gibt.
Außerdem konnte die Präsidentin des LFB Sylvia Reyer-Rohde die Mitglieder des Thüringer Landtags Andreas Bühl, Vorsitzender der CDU-Fraktion, Dr. Stefan Wogawa, Parlamentarischer Geschäftsführer der BSW-Fraktion, sowie Matthias Herzog, ebenfalls BSW-Fraktion, als Vertreter der Thüringer Politik begrüßen.
Diskussion mit Landespolitik: Chancen und Reformbedarf
In seinem anschließenden Grußwort formulierte der Ministerpräsident sehr klar, wie wichtig die Freien Berufe für das Funktionieren der Wirtschaft sind. Dabei seien die Bedingungen in Thüringen durchaus herausfordernd. So habe der Freistaat zwar nur die Hälfte der Fläche des Bundeslands NRW aufzuweisen, aber nur ein Achtel seiner Einwohnerzahl. Entsprechend höher sei der Pro-Kopf-Aufwand, um die Infrastruktur des ländlichen Raum zu entwickeln.

Dafür die Verbesserungen ihrer Bedingungen in Thüringen knüpfte er an ganz konkrete Vorhaben der Landesregierung an. Jeder Einwohner solle maximal 20 Minuten benötigen, um eine Gesundheitseinrichtung aufsuchen zu können. Die Landesregierung sei angetreten, das Leben der Menschen im Freistaat einfacher zu machen. Dies betreffe insbesondere den Zugang zur Verwaltung. Baugenehmigungsverfahren müssten erheblich verkürzt und vereinfacht werden. Das Potential der Digitalisierung müsse schneller und konsequenter erschlossen, unnötige Bürokratie beseitigt werden. Man habe verstanden, dass vor allem die Digitalisierung, das Baurecht und der Gesundheitssektor Schwerpunkte seien, die die Politik jetzt angehe und wo sich momentan auch Einiges bewege. Ein Beispiel hierfür sei die Vereinfachung der öffentlichen Auftragsvergabe, die landesrechtlich novelliert worden sei.
Freie Berufe hätten an der Entwicklung der Wirtschaft ebenso wie an den Arbeits- und Lebensbedingungen der Bevölkerung einen entscheidenden Anteil. Dabei verwies er auch auf die Sicherstellungsfunktion wichtiger sozialer Aufgaben, gerade in der Gesundheitspolitik. Der Staat könne gar nicht so schnell und effizient sein wie Freie Berufe, so Mario Voigt.
Thüringen mit 2,1 Mill. Einwohnern arbeite, um die Digitalisierung seiner Verwaltungen voranzubringen, mit Estland (1,2 Mill. Einwohnern) eng zusammen. »Wir warten hier nicht mehr auf Brüssel und tun, was wir in Thüringen tun können“. Der Bürokratieabbau im Gesundheitswesen stehe an hoher Stelle, genauso wie die Schaffung weiterer Studienplätze für Human- und Zahnmedizin. Die Thüringer sollten erkennen können, das Leben in diesem schönen Land lohne sich. Dazu wäre gerade heute – am Tag der Konferenz – ein Qualitätsbericht veröffentlicht worden, wonach Thüringen an sechster Stelle der Zufriedenheit stehe.
Anregungen aus der Praxis und Ausblick auf künftige Entwicklungen

Dann übernahm Peter Klotzki, Hauptgeschäftsführer des BFB Bundesverband der Freien Berufe, das Wort. Im Anschluss an seinen Initiativvortrag unter der Überschrift »Freie Berufe – mehr Freiheit für deren volles Potential« lud er Mario Voigt, Katharina Schenk, die Erste Vorsitzende der Kassenärztliche Vereinigung Thüringen Dr. Annette Rommel, Sylvia Reyer-Rohde, Dr. Knut Karst, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringen, Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes, Karl-Heinz Bartl, Vizepräsident der Ingenieurkammer Thüringen und Sebastian Zeng, Präsident des Steurberaterverbandes Thüringen, auf das Podium.
Die Vertreter der Freien Berufe benannten noch einmal wesentliche Positionen, die zuvor bereits in einem umfassenden Diskussionspapier benannt worden waren. Auch aus dem Publikum, in dem zahlreiche Inhaber von Apotheken, Zahnarztpraxen und Steuerberatungskanzleien vertreten waren, gab es deutliche Hinweise auf die teils existenzbedrohenden Zustände der freiberuflichen Unternehmen im ländlichen Raum. Die Vertreter der Politik äußersten Verständnis, verwiesen aber auch auf die Herausforderungen, die durch die komplizierten Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag bedingt seien, was sich auch in den Verhandlungen zum Landeshaushalt niederschlage. Die Aufstellung eines Zeitplans sei nicht möglich, dazu sei die Problematik zu komplex.
Die Vertreter der Verbände der Freien Berufe machten aber auch Vorschläge, die sich der Ministerpräsident auch gleich notierte.
Im Gedächtnis blieb, dass Mario Voigt betonte, dass die Erwartungen der Bürger das wichtigste Kriterium politischer Entscheidungen bleiben müssten. »Lieber Lösungen, die nur zu 80 Prozent funktionieren, als solche, die zu 100% funktionieren sollen, aber nie an den Start gehen«, so der Ministerpräsident.
Nachdem sich Mario Voigt verabschiedet hatte, wurden in der zweiten Diskussionsrunde auch die Landtagsabgeordneten Andreas Bühl, Dr. Stefan Wogawa und Matthias Herzog auf die Bühne gebeten. Auch sie nahmen die aufgezeigten Probleme aufmerksam zur Kenntnis, wiesen aber auch auf die Grenzen der politischen Entscheidungsspielräume der Koalition hin. Karl-Heinz Bartl als Vertreter der Ingenieurkammer Thüringen warb noch einmal für eine gesetzliche Regelung der Pflichtmitgliedschaft für Ingenieure, die sich als Planer oder Gutachter betätigten. Dies sei auch im Interesse der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes.
Abschließend bedankte sich die Präsidentin des LFB bei allen Akteuren für den intensiven und hoffentlich produktiven Gedankenaustausch. Die anschließenden Gespräche beim Get-together ließen jedenfalls erkennen, dass die meisten Teilnehmer mit dem Verlauf Konferenz sehr zufrieden waren. Vielfach wurde der Wunsch nach einer Wiederholung dieses Formats geäußert.
Der LFB Landesverband Thüringen bedankt sich bei allen Teilnehmern, bei den Akteuren und der Apotheker und Ärztebank für ihr Interesse sowie für ihre tatkräftige und wertvolle Unterstützung.













